Unsere natürliche Glückskaskade (Teil 1)

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Es sind besondere Momente, an die man sich noch Jahre später erinnert. Die Tiefschneeabfahrt durch den Wald, der lange Lauf in einer verregneten Nacht, die Wanderung in den Sonnenaufgang oder das Training auf der sonnenbeschienenen Frühlingswiese. Die Kombination aus Natur und Bewegung übt einen positiven Einfluss auf uns aus. Wir fühlen uns ausgeglichener, zufriedener und lebendiger. Doch was genau ist es, das wir in der Natur finden und wieso hat Bewegung für unsere Psyche so eine bereichernde Funktion?
Auf diese Fragen möchte ich in diesem Zweiteiler Antworten finden. Viel Spaß beim Lesen…

TEIL 1:

Bewegung kann verschiedene Zwecke erfüllen. Sie dient der Fortbewegung, der Kommunikation und dem Kampf (Selbstverteidigung, Jagd, …). Der Zweck der jeweiligen physischen Aktivität bestimmt dabei die Art und Weise der Bewegungsausführung. Durch die gesellschaftlichen Entwicklungen der letzten Jahrhunderte hat sich unsere Bewegungsmotivation allerdings grundlegend verändert. Fortbewegen können wir uns auch in Autos oder mit Nahverkehrsmitteln, kommunizieren tun wir zunehmend digital und Situationen die Flucht, Kampf oder Nahrungsbeschaffung zum Ziel haben sind auch die Seltenheit geworden. So kommt es, dass mit Bewegung heutzutage hauptsächlich Sport assoziiert wird. Sport als Hilfsmittel, um Gesundheit, Fitness, Ansehen und einen ästhetischen Körper zu erreichen. Auf diese Weise ist das Bild der Bewegung in den Köpfen der Menschen zunehmend negativ konnotiert. Wir verbinden Bewegung mit Aufwand, Anstrengung, Überwindung und Schmerz. Durch unsere extrinsischen Motivatoren verlieren wir die Freude an der Bewegung und vergessen, dass sie eigentlich auch einen ganz anderen, natürlicheren Zweck erfüllt, nämlich den der Expression.
Gehen wir einmal zurück zu unseren Ursprüngen. Als Babys laufen wir nicht wie wild durch die Gegend um ausdauernder zu werden. Wir springen nicht von einer Pfütze in die Nächste um unsere Körper Schönheitsidealen anzugleichen. Wir klettern nicht auf den Küchentisch um es anschließend bei Facebook zu posten. Wir tun es weil die Bewegung ein Teil unserer natürlichen Expression ist. Wir Menschen (Tiere ebenso) nutzen Bewegung um Emotionen auszuleben und sie zu katalysieren. Die Bewegung ist demnach ein unmittelbarer Spiegel unseres psychischen Innenlebens. Allein die Körperhaltung ist das beste Beispiel dafür. Nicht umsonst kommunizieren wir unbewusst deutlich mehr über Gestik und Mimik als mit Worten. Ist jemand deprimiert und traurig, so sehe ich ihm das sofort an, ohne dass er etwas sagt. Im Umkehrschluss ist unser psychisches Innenleben auch dem direkten Einfluss unserer Bewegung unterlegen. Das bedeutet, dass wir mithilfe von Bewegung aktiv unsere Emotionen beeinflussen können. Das ist der entscheidende Punkt. Fange ich beispielsweise an ausgelassen zu tanzen, so wird das mit Sicherheit meine Gemütslage verändern. Dies ist ein einfaches Prinzip und doch fällt es uns in der heutigen Gesellschaft schwer, einen Vorteil daraus zu schlagen. Im Gegenteil verkehrt sich der direkte Einfluss unserer körperlichen Aktivität für Viele sogar zum Nachteil. Denn wir sitzen. Wir sitzen in der Schule, am Arbeitsplatz, im Auto auf dem Weg dorthin, in der Mittagspause zwischendrin und abends, wenn wir wieder zuhause sind. Durch unser tägliches Sitzen zwingen wir nicht nur unseren Körper, sondern somit auch unsere Psyche in einen Zustand der Bewegungslosigkeit. Am Ende des Tages steht dann häufig das Gefühl erschöpft und doch unausgelastet zu sein.
Ein bewegter Körper beinhaltet einen bewegten Geist. Schon Sokrates ging mit seinen Schülern im Garten spazieren wenn er Ihnen etwas lehren wollte. Bedienen wir uns also dieses Wissens und fangen wieder häufiger an zu gehen, laufen, springen, krabbeln, stützen, hängen, klettern, schütteln und tanzen. Durch diese natürlichen Bewegungsformen nähern wir uns nicht nur unseren ursprünglichen körperlichen Bedürfnissen an, was länger gesund und leistungsfähig hält, sondern tun vor allem etwas für unsere Psyche.
Denkt man noch einen Schritt weiter, so ist es außerdem möglich, unsere Bewegungen als individuelle und kreative Ausdrucksform zu nutzen. In diesen Situationen entsteht ein sogenannter Flow, in dem wir unseren Körper nutzen, um vollkommen frei mit unserer Umwelt zu interagieren. Snowboarder würden es „die eigene Linie finden“ nennen. Läufer verbinden damit vielleicht vom Weg ab in den Wald zu laufen und dabei über Baumstämme zu springen und Hänge hochzuklettern. Die freie und uneingeschränkte Interpretation der Aktivität als solche. Genau das macht in meinen Augen den ultimativen Reiz von Bewegung aus. Die folgenden Videos sind tolle Beispiele dafür:

 

Diese Erfahrung können  nicht nur „Bewegungsexperten“ durchleben, sondern jeder Mensch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln. Diese Mittel sind Bewegungen, die wir erlernen bzw. erhalten müssen. Das ist einer der Gründe, warum das „Funktionale Training“ immer populärer wird. Wir erlernen motorische Muster, die unser körpereigenes Repertoire reaktivieren/erweitern und die wir vielfältig neu miteinander kombinieren können. Das Ziel sollte in diesem Fall also nicht das „Funktionale Training“ selbst sein, sondern das, was ich im Nachhinein damit erreichen kann.
Wir müssen nicht einmal Sportarten betreiben um diesen Zugang zur Bewegung zu finden. Egal ob jung oder alt, Bewegungsanfänger oder –experte. Ein bewegtes Leben schafft ein bewegtes Leben.

Euer Philipp

 

PS:
Ein Beispiel für natürliche Bewegungsformen sind die sogenannten „Animal Walks“. Diese nutzen wir bei Outlift unter Anderem in unseren Warm Ups. Sie verbinden Spaß mit dreidimensionalen Bewegungen die mobilisierende, stabilisierende und koordinationsfördernde Eigenschaften besitzen. Probiert sie gerne aus: